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Hamburg im Exil
Werke aus der Sammlung Memoria

Gretchen Wohlwill, Werft in Dänemark, 1936, Öl auf Leinwand
Hamburg im Exil – Werke aus der Sammlung Memoria
Eduard Bargheer, Arie Goral-Sternheim, Helge Leiser-Fejne, Kurt Löwengard, Edith Marcus, Rolf Nesch, Ludwig Neu, Boje Postel, Curt Singer und Gretchen Wohlwill sind mit Werken in dieser Kabinettausstellung vereinigt. Geburt, Familie, Ausbildung oder künstlerische Tätigkeit verbindet sie mit der Hansestadt Hamburg. Jedoch verändern die unter den Nationalsozialisten vorherrschenden politischen Verhältnisse zwischen 1933 und 1945 die Lebenssituation radikal.
Es folgen Deportation oder systematische Diffamierung, Ausgrenzung, Ausbürgerung, Verbannung bzw. Verfolgung, so dass die Künstler ins Exil getrieben werden. Die oftmals beginnende Karriere der talentierten KünsterInnen wird jäh unterbrochen oder sogar beendet – diese jungen Talente sind unter dem Begriff „Verschollene Generation“ zusammenzufassen.
Während der NS-Zeit emigrieren 64 Hamburger KünstlerInnen, von denen lediglich Clara Blumenfeld, Arie Goral-Sternheim, Gretchen Wohlwill und Arnold Fiedler dauerhaft in die Hansestadt zurückkehren.
Die restriktive Kunstpolitik bezeichnet Impressionismus, Expressionismus, Fauvismus, Kubismus, Dadaismus, Neue Sachlichkeit sowie die avantgardistische Kunst als Verfallserscheinung. Die Wanderausstellung „Entartete Kunst“ rechtfertigte darüber hinaus die Verfolgung „rassisch Minderwertiger“. Das Kunstschaffen ist reglementiert und wird gegen eine Internationalisierung zugunsten der Rassenideologie des nationalsozialistischen Regimes instrumentalisiert. Die Nationalsozialisten haben den Anspruch auf absolute Deutungshoheit, die sich auf sämtliche Bereiche der Kunst, Musik und Literatur erstreckt. Die Mitgliedschaft in der Reichskulturkammer entscheidet über die Erlaubnis, künstlerisch tätig zu sein.
Auktionen wie Ausstellungen werden mit Machtantritt 1933 zunehmend von „nicht-arischer“ Kunst „gesäubert“. Kulturelle Vielfalt ist unerwünscht. Nachdem die jüdischen Mitglieder per Gesetz aus Hamburger Sezession bereits 1933 ausgeschlossen werden, löst sich aus Solidarität der Künstlerbund auf.
In Hinsicht auf den Ausstellungsort im Richard Haizmann Museum nimmt die Präsentation Bezug auf den Namensgeber des Hauses, der in innerer Emigration sich in Niebüll von seiner vorherigen Wirkungsstätte Hamburg ebenfalls zurückzog. Freundschaftliche Beziehungen und künstlerischer Austausch bestand zu einigen der ins Exil gegangenen Künstler, die im Rahmen dieser Kabinettausstellung gezeigt werden. Wie sie leidet Haizmann unter den Repressalien der Nationalsozialisten. Ausschluss aus Künstlervereinigungen, Ausstellungsverbote, Zerstörung von Arbeiten und Einstufung der Werke als Entartete Kunst. Während der „Säuberungsaktionen“ wurden 65 Werke von Haizmann aus den Hamburger Museen entfernt; von seinem Künstlerfreund Rolf Nesch wurden 234, von Eduard Bargheer 12 und von Kurt Löwengard zwei Werke aus den deutschen Museen entfernt, um diese zu zerstören oder zu verkaufen.
Thomas B. Schumann – Autor, Kurator, Sammler und Verleger deutscher Exil-Kultur – begegnete bereits als Jugendlicher seinem lebensbestimmendem Interesse. Neben der umfangreichen Sammlung von Exilliteratur konnte Schumann mehr als 1000 Werke von Künstlern zusammentragen, die als entartet galten oder unter der NS-Herrschaft ins Exil gehen mussten. Im Laufe der Jahre hat Schumann die umfangreichste private Sammlung zur deutschen Exil-Kultur zusammengetragen. Er publizierte „Plädoyers gegen das Vergessen“ und „Asphaltliteratur“ und gründete vor 30 Jahren den Verlag Edition memoria, der zu diesem Zweck mehr als 40 Titel veröffentlichte. Für das Engagement erhielt Thomas B. Schumann 2017 den Hermann-Kesten-Preis des PEN, 2020 den Literatur-Taler des Literaturrates NRW und 2021 den Deutschen Verlagspreis.