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Im Rahmen einer Kabinettausstellung:
Michael Jastram. Minotaurus. Plastik und Zeichnung.
Es ist die Figur eines mächtigen Stieres mit menschlichen Zügen, eines „Sitting Bull“, der auf einem keilartig-abschüssigen, kubischen Klotz kauert. Ohne Arme, gänzlich in sich versunken. Und es hat den Anschein, als erfinde der Bildhauer Michael Jastram die Figur vor den Augen des Betrachters, indem er eine halbrunde Form gegen eine kubische ausspielt. Schrundige, bewegte Oberflächen setzen sich von einem eher glatten Sockel ab und vermitteln unter Aussparung von Details die Vorstellung einer elementar-lebendigen Auffassung.
Es ist das Ungeheuer des mythischen Minotaurus, der, halb Mensch, halb Stier, nunmehr in sich gekehrt, über sein Schicksal reflektiert und über die vormalige Grausamkeit mehr als erschrocken ist. Eingesperrt in ein Labyrinth wurden ihm in jedem Jahr sieben Jünglinge und Mädchen aus Athen als Tribut geopfert. Ein Sinnbild unausweichlich schicksalhaft menschlicher Grausamkeit und damit einhergehender Verirrung.
Einmal mehr steht Jastram heute ebenso in der Tradition der Neuinterpretation des Mythos durch Pablo Picasso, wie er motivisch und konzeptuell an die spätmittelalterliche Traditon der „Verlassenheit Christi“ anknüpft. Während etwa Wilhelm Lehmbruck in seiner großen Figur des „Sitzenden Jünglings (Der Freund)“ die Katastrophe des Ersten Weltkrieges in einer übergeordneten Symbolfigur deutete, konzentriert Jastram das Thema wiederum in einem existenziell bestürzenden Gesichtsausdruck. Wie auch in anderen Plastiken verstanden als das Synonym einer im Grunde ausweglosen existenziellen Konstellation.
Michael Jastram wurde 1953 in Berlin geboren und studierte u.a. zwischen 1979 und 1984 an der Kunsthochschule Berlin. Jastram arbeitete als freier Bildhauer und unterrichtete zwischen 1991 und 2010 als künstlerischer Ausbilder von Theaterplastikern an der Deutschen Oper Berlin. Seit 2020 lebt der Künstler im nordfriesischen Niebüll.
Zur Ausstellung erscheint eine Radierung als Vorzugsgabe.